Sternwarte Wulkaprodersdorf

Beobachtungsplattform von Viktor Wlaschitz, Christian Vass

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Mit Christians Anschaffung einer CCD-Kamera wurde auch die Notwendigkeit einer festen Behausung für unsere Fotosessions ersichtlich. Im Herbst/Winter 2003/2004 lagen die Kabel und Steckerverbindungen des öfteren im feuchten Gras oder es mußte ein Platzerl im Garten vom Schnee befreit werden. Uns selbst pfiff häufig der kalte Wind um die Nase.

Von Christian und Jürgen wurde ich mehrmals angemeckert: „eine Sternwarte wär doch toll, windgeschützt, was uns die für Arbeit erspart etc…“. Irgendwann war ich mürbe, sodaß ich zusagte und, ich glaub November war’s, mich mit Christian erstmals zusammensetzte, um Pläne zu schmieden.

Folgende Überlegungen wurden angestellt:

Standort im Garten und Höhe der Säule

Der genaue Platz im Garten hat sich bei Beobachtungen im laufe der Jahre bereits ziemlich bewährt und hat folgende Eigenschaften: Die hohe Mauer des östlichen Nachbars bietet etwas Schutz, wenn bei ihm die Außenbeleuchtung brennt. Sternbild Schütze, Skorpion etc. sind mit Teleskop noch erreichbar. Im Norden stehen unsere Bäume in ausreichender Distanz, damit der Polarstern nicht verdeckt wird. Im Osten ziemlich freie Sicht. In (Süd)Südost stören eine Straßenlampe, im Winter das aufgeheizte Hausdach – nur bei Planetenbeobachtung, und die machen wir dann mit den beiden Refraktoren halt irgendwo im Garten – und eine große Fichte, welche demnächst, irgendwann, vielleicht und möglicherweise umgesägt wird.

Die Höhe der Säule wurde so gewählt, daß sich der Kopf beim Aufsuchen mit Suchfernrohr und beim Beobachten mit Schmidt-Cass und Refraktor im „Schatten“ unseres Hauses und der Nachbarsmauer befindet und maximale Südsicht geboten wird. Beim Newton kann’s passieren, daß man vom Fremdlicht gestört wird – naja, man kann nicht alles haben.

Bauart

In der mehrmonatigen Entscheidungs- und Planungsphase bin ich mehrmals zwischen Kuppel, Klapp- und Schiebedach hin und hergeschwankt. In meinem Kopf geisterten nächtelang Detailprobleme herum, welche gelöst werden wollten.

Kuppel: Anfangs war ich von einer Kuppel schwer begeistert. Man ist wind- und streulichtgeschützt und vor allem – es schaut aus wie eine Sternwarte. Bekannte Probleme sind die Luftunruhe am Kuppelspalt und wer dreht die eigentlich bei Langzeitbelichtungen mit? Verworfen wurde die Idee wegen der Bauhöhe. Eine im Durchmesser zumindest 3,5 Meter große Kuppel wäre alleine 1,75 Meter hoch, mit ca. 30 cm Höhe für Laufräder/Auflagering und Unterbau mind. 1 Meter (irgenwo muß man ja rein), wäre die gesamte Bauhöhe inakzeptabel. Wenn ich den Unterbau wegließe und die Kuppel mit 4 Meter Durchmesser und 2 Meter Höhe gleich auf den Boden setzte, müßte eine Eingangstür in die Kuppel eingebaut werden, womöglich von außen noch ein, zwei Stufen anbauen, das ganze muß natürlich wasserdicht sein, wo soll der Strom rein usw. – zu viele Detailprobleme.

Klappdach: Diese Version war mir vom Platzbedarf sympathischer als ein Schiebedach. Ich hatte mir vorgestellt, die Dachhälften zuerst auseinanderzuziehen und dann herunterzuklappen. Die Rolle unter der Dachmitte bliebe am Mauerrand eingehängt. Für eine Hütte von 3 x 3 Metern müßten die noch eine Spur größeren Dachhälften aber sehr stabil und somit schwer gebaut werden (etwaige Schneelast zu tragen), was das Öffnen und Schließen zu anstrengend gemacht hätte.

Schiebedachhütte: Somit bin ich bei der am wenigsten favorisierten Schiebedachhütte angelangt. Der Platzbedarf inklusive Abrollschiene und Stehern macht das doppelte der Grundfläche aus. Die Vorteile sind bekannt: Rundumblick, kein schlechtes Seeing am Kuppelspalt, die Hütte kühlt schneller aus, beim Fotografieren braucht man sich keine Sorgen ums Nachführen der Kuppel machen, 3 Meter im Quadrat bieten mehr Platz als ein Kreis mit gleichem Durchmesser. Weiters war ein genauer Bauplan verfügbar – aus einem alten Buch, ausgeborgt von Karl Vlasich.

Größe der Sternwarte

In der Größe war zu überlegen, welche Gerätschaften verwendet werden. Mit Refraktor und angehängter CCD-Kamera sollte noch genügend Platz sein, um jederzeit vorbeigehen zu können – etwas Spielraum für zukünftige Anschaffungen eingerechnet. Bei aufgebautem Refraktor maßen wir nochmal nach und entschieden uns für 2,80 x 2,80 Meter im Quadrat. Für die leeren und vollen Zubehörkoffer wurde noch ein Zubau von 80 cm Tiefe in nördlicher Richtung geplant, der sein eigenes festes Dach hat und ein größeres Schiebedach unnötig macht. Bei 3 x 3 Meter und ohne Zubau gäb’s weniger Stauraum.

Die Gesamthöhe der Hütte sollte die Nachbarsmauer um max. 50cm übersteigen und die Höhe der Seitenwände sollte mit jener der Mauer im Süden und der Montierung in etwa eine Linie bilden, damit am Südhorizont nicht noch mehr Himmel verloren geht. Geschätzt wurde das auf 1,70 Meter (inkl. ca. 20 cm für Betonsockel/Balken).

Material

Holz soll es sein! Eine Ziegelmauer wurde nur kurze Zeit in Erwägung gezogen. Es wär’ zwar einfach gewesen, weil mein Vater Maurer war, aber Ziegel speichern zuviel Wärme und geben diese nur langsam wieder ab.

Ein kurzer Ausflug in diverse Baumärkte folgte mit der Absicht, die Umbaumöglichkeit von Fertig-Gartenhäusern zu prüfen. Für eine Hütte der gewünschten Größe und Preislage waren die Materialen viel zu filigran. So blieb eigentlich nur der Selbstbau.

Stromversorgung. Fixe Stromversorgung mit Erdkabel verlegen hätte zuviel Stemmarbeiten erfordert, wir beließen’s mal dabei, daß jedesmal die Kabeltrommel die 15 Meter zur Steckdose ausgerollt wird. Spätere Installation ist auch nicht aufwendiger als hätt’mas gleich gemacht.

Bau

Bau ist gut. Bauen lassen noch besser! Christian erzählte von seinem Schwiegervater, daß er schon immer gern mit Holz gearbeitet hat und die entsprechenden Werkzeuge besitzt. Von Bauwerken wie einem fahrbaren Hochstand mit Anhängerkupplung (!) für Jäger – wean a imma faula de Hund 😉 – wurde berichtet. Tatsächlich konnte er bald darauf verkünden, daß sein Schwiegervater eingewilligt hat. Zur Überzeugung brauchte es wahrscheinlich viel weniger als bei mir.

Es wurden die modifizierten Pläne mitgegeben und – tja und? Produktionsstätte war in der Nähe von Tulln. Transport nach Wulkaprodersdorf? Ach was, wird uns schon was einfallen.

Der Bau der Hütte erfolgte alleine von Herrn Steiger. Lediglich zwei Mal war ich mit dabei, um mit Christian bei ein paar Kleinigkeiten an Dach, Seitenverkleidung und beim ersten Anstrich mitzuhelfen und die Hütte für den Transport zu zerlegen.

Wir kümmerten uns mal um die Säule.

Großes Thema war auch wie die Takahashi-Montierung auf der Säule befestigt werden kann. Schließlich wird sie normalerweise mit einer Schraube von unten fixiert. Einfachste Lösung wär eine Art Metallwürfel mit einer offenen Seite für den Zugriff zur Schraube. Eleganter ist eine Lösung die aus zwei Platten besteht. Die obere Platte kann mit der Takahashi-Montierung fest verschraubt werden, die Azimutverstellung ist wie bei Losmandy. Die untere Platte ist so gestaltet, daß auch meine Losmandy-Montierung direkt aufgesetzt werden kann. Gezeichnet hab ich’s mal auf Papier, den genauen Plan hat mir mein Bruder am Computer ausgearbeitet, er arbeitet ja auch beruflich mit CAD.

Am 18. April in der Früh wurde Fertigbeton in Säcken besorgt und am Vormittag maßen wir nochmal aus, wo genau die Säule stehen sollte und es gab den Spatenstich. Ein Loch von 70×70 cm und 80 cm Tiefe wurde kurz vor Mittag ausgehoben. Nach dem Essen rüber zum Christian ein paar Bretter und Holzlatten zusammengesucht, wollten wir die Verschalung zusammenschrauben. Nach knapp zwei Seitenteilen gingen uns die Bretter aus und wir fuhren wieder in den Baumarkt, um Nachschub zu holen.

Dort stolperten wir über eine andere Möglichkeit: Vier Schaltafeln von 1 x 2 Metern waren kaum teurer als die ganzen Bretteln und der Aufwand wesentlich geringer. Zwei der Tafeln wurden trapezförmig zugeschnitten, oben 22 unten 40 cm. An den anderen Tafeln wurde ein Trapez von oben 26 und unten 44 cm nur eingezeichnet und Latten aufgeschraubt. Die vier Teile wurden zu einer Stumpfpyramide verschraubt, die Latten hielten beim Einfüllen des Betons dagegen.

Nach ausrichten mit der Wasserwaage wurde die Konstruktion mit Spannriemen verstärkt und das ganze im Erdloch mit Ziegeln verkeilt. Die Mischmaschine wurde angeworfen und der Beton abgerührt und in die Schalung gefüllt, ein paar Stangen Baustahl wurden auch versenkt. Auf der halben Strecke ging die Verschalung aus dem Leim, die Verschraubung war zu schwach. Deshalb wurden auch die Spanngurte angebracht, außen Erde angefüllt und festgestampft. Beim letzten Stückl ging uns auch noch der Fertigbeton aus, weil zuviel durch den Spalt verloren gegangen war. Schnell Jürgen angerufen, ja er wollte mit Schotter und Zement kommen. Bis er tatsächlich ankam hatten wir schon anderweitig Ersatz organisiert und fertig verarbeitet – Jürgen war dann ein bissl grantig.

Für die vier Gewindestangen zur Montierungsbefestigung hatten wir auf einer Holzplatte genau die Positionen eingezeichnet und Löcher gebohrt. Die Stangen in die Platte eingesetzt und das ganze mit Kompaß ungefähr nach Norden ausgerichtet und in den weichen Beton eingesetzt.

Tip am Rande: die Gewindestangen lieber soweit rausstehen lassen, daß sie zusätzlich mit Muttern gesichert werden und erst im nachhinein auf die passende Länge zurechtschneiden. Meine Befürchtung war, daß beim Absägen die Gewindegänge kaputtgehen – wär aber kein Problem gewesen. Die Gewindestangen halten zwar auch so im Beton, wenn man auf Nummer sicher gehen will und dran denkt ist’s besser auch am unteren Ende der Stangen Muttern anzubringen.

Bei unserer Vorgangsweise war natürlich KEIN Glück im Spiel. Alles tagelang vorher bis ins Detail durchdacht und KEINESWEGS auf hauruck und hudriwudriunddiepinguineschnellschnell gemacht. Die Zweikomponentensäule wurde natürlich auch beabsichtigt so gefertigt, schließlich dämpfen zwei Sorten Beton die Schwingungen noch besser, dunkles Material kühlt nachts besser aus und die fast ungesicherten Gewindestangen konnten im gröberen Beton ohnehin nicht versinken – jawoll!

Das Aluminium für die Adapterplatten zu bekommen war auch nicht einfach. In den div. Stahl-/Alubaufirmen angerufen wurden uns meist nur mehr oder weniger dünne Bleche angeboten. Dort wo man’s eventuell noch bestellen konnte, wurden horrende Preise verlangt (ca. 200,– Euro ohne USt. nur Material). Christian konnte eine Firma ausfindig machen, wo das Material grad die Hälfte kostete.

Am 6. Juni erfolge die erste Teillieferung der Hütte und am 7. Juni wurde das Fundament ausgegraben. Mit 4-metrigen Schalungsbrettern wurde die Außenkante ausgelegt und mit einem schnell zusammengezimmerten rechten Winkel aus drei langen Latten ausgerichtet (beide Tips vom Vater). Entlang der Bretter konnte genauer gegraben werden als bei gespannten Schnüren. Am 8. Juni wurde wieder betoniert allerdings mit selbst abgerührtem Beton. Kaum waren wir fertig und hatten alles mit Folie abgedeckt, entlud sich das bereits drohende Gewitter mit heftigem Regen, Blitz und Donner.

Am Freitag 11. Juni wurden die restlichen Teile der Hütte aus Tulln geholt. Der ausgeborgte Mercedes Pritschenwagen und die Abmessungen der Hütte waren natürlich schon bei der Planung aufeinander abgestimmt worden (wer’s glaubt) und der Rest wurde bei der Beladung mit Improvisations- und räumlichem Vorstellungsvermögen geklärt.

Am Samstag 12. Juni waren Herr Steiger, mein Vater, Christian und ich von früh an auf den Beinen. Vier Pfosten wurden übers Fundament gelegt, ausgerichtet und gleich drauf standen die Wände und wurden mit Gewindestangen verschraubt. Der Zubau wurde dazugestellt und ebenfalls verschraubt. Zwischendurch wurden Pfosten und Wände mit dem Fundament zur Deckung gebracht und die Pfosten mittels starken Winkeleisen mit dem Fundament verschraubt. Anschließend wurden die Steher mit den Schienen für das Rolldach eingepaßt und ausgerichtet.

Fürs Aufsetzen der beiden Dachhälften hab ich noch die Verwandtschaft und meinen Nachbarn eingeteilt. Zu acht hievten wir jeden Teil in die Schiene, Tage zuvor beim Zerlegen reichten drei Personen um es herunterzunehmen. Die Hälften wurden gleich verschraubt, damit nichts mehr passieren kann. Kurz nach Mittag schaute Jürgen vorbei und half beim Dachdecken mit Teerpappe und Bitumenschindel. Wir verwendeten schwarze Schindeln weil Herr Steiger noch ein paar Pakete davon zuhause herumliegen hatte ebenso wie eine Rolle Teerpappe. Natürlich ging sich das ganze wieder so genau aus, als hätten wir’s auf Punkt und Komma genau berechnet.

Abschließend wurde noch der Fußboden eingesetzt und bis um ca. 20.00 Uhr war die Sternwarte fertig.

Im laufe der nächsten Wochen wurden Hütte und Laufschienen nochmal sorgfältig gestrichen, die Räder vom Dach mit Metallplatten unterlegt und andere Kleinigkeiten erledigt. Im November haben wir noch ein altes PVC-Abflußrohr der Länge nach halbiert und mit Scharnieren über die Schienen fürs Rolldach montiert. Das soll uns davor bewahren, daß bei einer spontanen Beobachtungssession die Schienen erst mühsam von Eis und Schnee befreit werden muß.

Tipps

Immer reichlich Material haben, es ist immer zu wenig (Zement, Fertigbeton). Nicht unbedingt mit Zufall und Glück rechnen (Transport, Adapterplatte). Manchmal muß man stur bleiben und „gut gemeinte Ratschläge“ ignorieren weil andere nicht wissen was schlußendlich rauskommen soll.

Bericht von Viktor Wlaschitz